Nichts ist schlimmer als falsch geschürte Hoffnung. In Zeiten wie diese klammern wir uns an jede positive Nachricht. Und wenn die ausbleiben, ist der Mensch intelligent genug, um die negativen "Fakten" zu hinterfragen.
Wer nicht raus darf, muss zusehen, dass er drinnen zurecht kommt.
Klingt einfach, ist es aber nicht.
Moment mal! Raus dürfen wir ja noch, nur nicht so, wie wir es seit Jahrzehnten gewohnt sind. Am besten alleine, maximal zu zweit. Zu dritt geht gar nicht und Gruppenbildungen sind sogar verboten. Und auch nicht zu weit raus sollen wir. Durchs Land reisen? Vergiss es! Es drohen saftige Strafen und oder zumindest Fingerdeut und Verachtung.
Aber das Volk ist ja brav, macht mit, verkriecht sich. Nimmt es mit Humor, zumindest diejenigen, die sich den leisten können.
Wer hätte das gedacht? Ein ganzes, freiheitsliebendes Volk bleibt beinahe freiwillig Zuhause. Was unsere Eltern in unseren Jugendjahren nie geschafft haben, erledigt jetzt eine unsichtbare Gefahr.
Ein paar Tage mag das ja gut gehen. Zu tun hat jeder etwas, bisschen rumwerkeln oder die neue Couch ausgiebig testen. Wieder mal ein Buch lesen vielleicht oder ein Netfix-Serien-Marathon? Das Buch wird wohl weiterhin im Regal verstauben.
Den Schülern freut's, Sommerferien ohne Sommer. Das kann man mal eines Tages seinen Enkeln erzählen. Die Kindergartenkinder finden das weniger lustig. Sie haben Hausarrest obwohl sie gar nichts angestellt haben. Und still sein müssen sie auch noch, weil Papa plötzlich von Zuhause aus arbeitet. Homeoffice. Laptop, Handy und Kaffeetasse. Schon ist der Arbeitsplatz perfekt. Geht natürlich nur, wenn man einen furchtbar wichtigen Job hat.
Den Rest trifft es da schon härter, sie sind auf Kurzarbeit oder haben ihren Job schon verloren. Andere wiederum müssen mit unmenschlichen Arbeitszeiten das Land aufrecht erhalten. Systemrelevant. Anstelle von Anerkennung gibt es ein bürokratisches Wortgeschwulst.
Das sind übrigens die Berufe, vor die uns unsere Eltern immer gewarnt haben. Und diese Warnungen geben wir natürlich an unseren hochbegabten Nachwuchs weiter. Wer will schon freiwillig an der Supermarktkasse sitzen oder pflegebedürftige den Hintern abwischen? Von der Müllabfuhr reden wir erst gar nicht. Abiturlose Handlanger, da kommste zu nix.
Und jetzt? Jetzt bekommen die Systemrelevanten vom Bundestag sogar den längst verdienten Applaus. Also doch eine Anerkennung, wenn auch von den selben Politikern, die sich mit dem Mindestlohn schon immer sehr schwer getan haben.
Schräge Zeiten.
Anmut
Ungewiss dessen
was dich oben erwartet,
steigst du
die Treppe hinauf.
Nein,
du steigst nicht,
du schreitest.
Denn wer schreitet,
zeigt Würde.
Anmut ist das Wort,
dass deinem Gang
den Respekt verleiht,
den er verdient.
Ohne Begleitung
schreitest du,
wie so oft
auf schwierigen Wegen.
Kein Griff
such Halt
am Treppengeländer.
Getrieben von der Pflicht,
dein Leben zu meistern
und der Hoffnung
auf Sonne.
Wer so empor schreitet
war ganz unten,
wer so empor schreitet
ruht in sich.
Deine Anmut,
deine Haltung,
das Ergebnis
gewonnener Kämpfe.
Das Jahr,
es geht.
Endlich,
möchte man rufen.
Niederlagen
zahlreich überlegen,
meine Siege
unbeachtet.
Lautlose Klagen
mischten sich
unters Volk.
Von den Hürden
einige gerissen.
Lorbeeren
längst platt gesessen.
Wohlstand blockiert
Entwicklung,
ohne Ziele
keine Wunder.
Für 2019
keine Laudatio,
Erfahrungen
vermindern Hoffnung
auf 2020.
Vom Blitz getroffen
und gebrochen.
Und dennoch ein Baum
Selbst mit halber Kraft
zeige ich Würde.
Schönheitsfehler inklusive.
Mit dem was bleibt,
stemme ich mich
auch morgen
gegen Herbststürme.
Mein Charakter
unbeschädigt,
mein Lebenswille
fest verwurzelt.
Der Blitz
hat sein Werk
nicht vollendet.
Denn,
wer mich stürzen will,
muss tiefer ansetzen.
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